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Donnerstag, 15. Mai 2014

Schlafen. Oder wie wir uns den Schlaf vermiesen lassen

Guten Abend, alles klar bei dir?

Letztens las ich in einem sozialen Netzwerk die Nachricht einer jungen Mutter. Sie hatte Zweifel an einem durch die Mütterberatung erteilten Ratschlag: Sie solle ihr Baby alle vier Stunden wecken, damit es essen kann und somit genug Nahrung bekommt.

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Nun, die ganzen Kommentare die darauf folgten, habe ich nicht gelesen. Ich habe mich stattdessen an meine Nähmaschine gesetzt und ein bisschen vor mich hingenäht. Zur Entspannung. Habe mich aber nicht entspannt - es lies mir keine Ruhe. Ich bin so frei und schreibe meine Gedanken hierzu auf, vielleicht nützen sie ja irgendjemandem:

Schlafen ist ein Grundbedürfnis, genau so wie Essen eines ist. Ist es nötig, dass die Reihenfolge dieser essentiellen Dinge fremdbestimmt werden? Gehe ich von mir aus stelle ich fest, dass ich nicht schlafen kann wenn ich hungrig bin. Folgedessen habe ich keinen Hunger, wenn ich friedlich schlafe. Würde mich dann jemand wecken um ein Bedürfnis zu stillen, welches noch gar nicht akut ist und mich daher nicht kümmert, würde das bei mir Unmut und Stress auslösen. Babys sind - kaum dem Mutterleib entstiegen - total clever. Sie fühlen die Grundbedürfnisse und können sogar schon kommunizieren. Sie können zum Beispiel ganz niedlich schlafen und uns damit sagen: "Es ist alles gut und darum kann ich so entspannt träumen." Oder aber sie schlafen nicht. Dann sind sie friedlich oder auch nicht. Und wenn letzteres der Fall ist, könnte Hunger eine mögliche Ursache sein.

Mich beschleicht oftmals das Gefühl, die Mütterberatung sei eine aufgestellte Truppe von Mamas, die selber ihre Kinder grossgezogen haben (und/oder es noch tun) aber oft einfach mit einem Trend mitgehen, was ihre Empfehlungen betrifft. Es liegt mir fern, irgendwen schlecht zu machen! Aber junge Erstlings-Mamas lassen sich einfach verunsichern, weil jeder mit Rat (weniger mit Tat) zur Seite steht und man selber dann herausfinden muss/will/sollte, was nun für Zwerg und Familie am Besten ist. Ich selber war nie in der Mütterberatung (weil ich nach dem Wochenbett genug davon hatte, dass mir bei jedem Schichtwechsel jemand das Gegenteil erzählt als der Vorgänger), höre aber immer gerne auf den Rat meiner eigenen Mutter. Die hat zudem noch den Vorteil, dass sie keine Öffnungszeiten hat (höchstens Zimmerstunde) und ich an mir selbst ein Beispiel dafür habe, dass aus ihrer aktiven Mamazeit ein halbwegs vernünftiger Mensch geworden ist.

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Heute war ich mit meiner Tochter beim Arzt. Der noch einzig freie Termin viel leider in die Mittagsschlafzeit, so dass sie erst um 15.24h total übermüdet und dankbar in ihrem Bettchen dem Sandmann ins Land der Träume folgen konnte. Aufgewacht ist sie um 16.57h, was ich einer Bekannten erzählt habe. Reaktion: "Oje, dann kriegst du die ja abends NIE unter!"

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Ich hätte sie also auflassen sollen obwohl sie kaum mehr stehen konnte, nur damit ich sie abends zu angenehmer Stunde ins Bett geht? Dann hätte ich ihr ein Grundbedürfnis verweigert, zugunsten meiner eigenen Bequemlichkeit. Nö, mache ich nicht. Und wer hat die müde Maus an der Backe bis zum Zapfenstreich? Ich. Und was die alles anstellen, wenn sie eigentlich gar nicht mehr können ... ich will es mir nicht vorstellen.

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In praktisch jeder Zeitschrift und jedem Forum lese ich von "Ein- und Durchschlafproblemen" und bemerke heftige Diskussionen darüber, wo denn das Kind schlafen soll und ob alleine oder im Rudel.

Langsam aber sicher glaube ich, dass wir einander hier keine Ratschläge geben können. Denn jede Mama und jeder Papa muss selber herausfinden, was für Zwerg und langgewachsene gut ist. Wir können uns zwar austauschen, müssen aber danach nicht zwangsläufig alles so machen wie die Müllers von drei Strassen weiter. Was für sie perfekt ist, muss nicht ebenso optimal für uns sein.

Vielleicht könnten wir alle besser schlafen, wenn wir uns mit allem nicht so viel Druck machen würden. Töchterlein will mittags und abends, dass Mama oder Papa am Bett sitzen, bis es eingeschlafen ist. Mal dauert das länger, mal weniger lang. Im Moment ändern die Schlafgewohnheiten wieder total: Statt um acht ist sie erst um neun müde. Ich kann sie also um acht ins Bett legen und dann eine Stunde dort sitzen, oder aber ich lasse sie bis neun auf und bin dann innert 10 Minuten wieder aus dem Kinderzimmer raus. So oder so: Den Viertelnach-Acht-Film muss ich aufzeichnen und kann ihn frühstens um 21.23 Uhr schauen :-) Die kostbare Zeit auf dem Sofa wird weniger, denn jeden Abend bis nach Mitternacht aufbleiben, das können sich Eltern nicht leisten.

Wie bei vielen Angelegenheiten, welche das Töchterlein betreffen habe ich gemerkt: Es bringt nichts, alles zu hinterfragen und etwas erzwingen zu wollen. Man verpufft da die so wertvolle Energie, die man so nötig braucht. Viel einfacher ist es, mit der momentanen Welle (die Erziehungsratgeber nennen diese "Phasen". Ich kann dieses Wort nur nicht mehr hören) zu schwimmen. Ohne Druck, ohne Frust, ohne Ärger. Dafür aber mit der Gewissheit, dass der Wind in 24 Stunden wieder drehen und alle Schlaf- Ess- und sonstigen Gewohnheiten sich total ändern. Vermutlich bis die Kinder 18 sind. Oder 25.

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Schlaf Kindlein schlaf. Und wir grossen Menschen auch. Wann und wie wir es brauchen. Druck, wir spühlen dich die Kloschüssel runter. Wir brauchen dich nicht.

Herzlich,

Nessaja



<3





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